Barbara A. aus Giesing liebt Kammerkonzerte. Und Lesungen unbekannter Autor*innen. Ihr Mann mag beides nicht. In früheren Jahren begleitete er sie um des häuslichen Friedens willen, das ist Jahrzehnte her. Barbara A. kann sich nicht erinnern, wann sie ihren Mann zuletzt zu einer Kulturveranstaltung bewegen konnte, und sei das Programm noch so leicht verdaulich gewesen.
Herfried A. hat vollkommen andere Interessen – und er gestattet sich schon lange, diese auszuleben. Den „Kulturfimmel“ seiner Frau belächelt er an unschönen Abenden ganz offen.
Barbara A. litt jahrelang am mangelnden Feinsinn ihres Gatten, ehe sie ernüchtert erkannte, dass diesem der perfekt gewienerte Wagen unten auf der Straße eben das war, was ihr die unschuldigen Gedichte des Stadtteilschreibers waren, der ihr Sohn hätte sein können.
Während Barbara es in einer Stadt wie München leicht hat, ihre Sehnsucht nach den schöngeistigen Dingen zu befriedigen, taten sich die Herfrieds schwer mit ihren Neigungen, bis die Stadt die ersten Männerspielplätze einrichtete. Viele Ehen im Dämmerzustand sind seither wieder zu einer Lebensgemeinschaft geworden, in der beide Seiten Befriedigung finden, auch wenn nur selten der Austausch über das jeweils Erlebte gelingt.
Leider kommt es immer wieder vor, dass Männer am Samstagmorgen nicht rechtzeitig an den Haltestellen stehen. Nicht selten eskaliert die Situation, wenn der Bus zum Männerspielplatz verpasst wird. Barbara A. etwa musste erleben, wie ihr Mann an einem solchen Tag wie besessen stundenlang den Wagen polierte. Sie tat das einzig richtige: Sie lobte Herfried einfühlsam für seine Arbeit. Nahm ihm sanft ohne Gewaltanwendung den Lappen aus der Hand und legte ihm dafür einen Schraubenzieher hinein. Das alles geschah in einer einzigen fließenden Bewegung, Herfried sollte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck bekommen, ohne ein Werkzeug in Händen dazustehen. Und dirigierte ihn in den Keller, um ihn dort mit kleinen Aufgaben zu beschäftigen.
Frauen wird empfohlen, für solche Situa-
tionen immer eine Reihe von defekten Radiogeräten oder Haartrocknern bereitzuhalten; auch eine Waschmaschine vom Sperrmüll kann einen Mann einen ganzen Samstag still beschäftigen.
Es kann nicht genug betont werden, wie segensreich die Männerspielplätze sind. Männer, die sich regelmäßig einmal in der Woche auf einem gut bestückten Männerspielplatz stundenlang mit Kreissäge, Laubsauger oder Rasentrimmer austoben dürfen, sind signifikant entspannter und umgänglicher. Der moderne Mann, der nicht mehr mit der Keule auf Nahrungssuche gehen muss, wurde jahrzehntelang in seinem angeborenen Tatendrang vernachlässigt. Die Verbringung auf einen Männerspielplatz mindestens einmal die Woche ist daher die Grundlage seiner artgerechten Haltung. Nicht das Kammerkonzert. Nicht die Lesung des unbekannten Dichters.
Gabi Eichl