Von Katrin Diehl
Da scheint etwas so richtig gut zu funktionieren. Das Konzept ist so einfach wie klar und findet seit den letzten Malen vor einem betörend goldglitzernden Vorhang seine Umsetzung. Ein Fest fürs Auge. „Optimierung“ bedeutet in so einem Fall höchstens, „hier und da mal an ein paar Schräubchen zu drehen“, und dass sie natürlich immer in engstem Gespräch und reflektiert bleiben, die Drei von LIX: Raphaela Bardutzky, Rebecca Faber und Christina Madenach. LIX steht für „Literatur im HochX“ und ist der Name der Lesereihe des HochX Theaters. Und LIX wird fünf. „LIX ist eine Lesereihe für zeitgenössische Literatur. Für Stimmen, die inspirieren und Texte, die funkeln. Ein Streifzug quer durch Genres und Gattungen, durch Gedichte, Comics, Romane und Theatertexte. Pro Abend lädt LIX drei Autor*innen ein, diskutiert mit ihnen über Schreibprozesse und Prozesse, die beschrieben sein wollen“, heißt es auf der HochX-Website zur Lesereihe und besser lässt sich das Programm von LIX kaum zusammenfassen. LIX wird von Bardutzky, Faber und Madenach sowohl kuratiert als auch moderiert. Der Abend ist dreigeteilt (mit einer Pause), je Teil stellt ein*e Autor*in, ein*e Zeichner*in einen Ausschnitt aus dem eigenen Text, dem eigenen Comic vor mit anschließendem – fein getaktet aber niemals hektisch – Gespräch, geführt eben von einer der Moderatorinnen.
Bis 2018 hatte mit der Lesereihe „Liaison“ die Autorin und Dramaturgin Ayna Steigerwald für die Literaturschiene im HochX gesorgt. Dann zog Steigerwald weg, und das HochX sah sich um. Der Münchner Autor Tristan Marquardt half bei der Nachfolger*innensuche und brachte die drei Namen ins Spiel, „auch weil jede von uns ein bestimmtes, eigenes Netzwerk mitbringen konnte“, sagt Bardutzky, Autorin und Dramaturgin, die vom „Netzwerk Münchner Theatertexter*innen“ kommt, dieses 2016 zusammen mit Theresa Seraphin gegründet hat.
Die Autorin sowie Kulturmanagerin Christina Madenach hat 2017 die „Romanwerkstatt“ in München gegründet, und Rebecca Faber, auch sie ist Autorin, arbeitet seit 2022 als Programmreferentin in der Monacensia. Jede der Drei sucht ein wenig anders aus, führt das Gespräch anders, gibt ihm eine eigene Note, was die LIX-Abende reizvoll macht, ihnen etwas Persönliches gibt. „Rebecca ist die analysierende Literaturwissenschaftlerin, Christina hat großes Interesse am literarischen Experiment, und für mich steht das Performative im Vordergrund, weshalb ich auch das Comic-Genre so hoch halte und Künstler*innen aus diesem Bereich einlade oder eben auch Theatertexter*innen“, sagt Bardutzki und ergänzt, dass die Entscheidung, wen man einlade, natürlich vom Wunsch nach einer „perfekten Mischung“ geleitet werde, durchaus „eine Herausforderung und ganz hat man es eh nicht in der Hand“. Umso schöner, weiß Bardutzki, „wenn dann auf einmal etwas Magisches passiert und der Abend zu funkeln beginnt“. Und natürlich erinnert sie sich ans erste LIX. Da waren zu aller Glück Mehdi Moradpour, Vladimir Kholodkov und Slata Roschal zu Gast (eine*r der Geladenen sollte mindestens aus München sein). Über die Jahre hinweg folgten Leute wie: Dominik Wendland, Dagmar Leupold, Alexander Graeff, Kenah Cusanit, Barbara Yelin, Tobias Ginsburg, Anna Gschnitzer…
Es gibt eine Weihnachts-LIX-Ausgabe und im Sommer eine Open-Air-LIX-Ausgabe.
LIX gehört als Lesereihe dem Verein „Unabhängige Lesereihen“ an, in dem sich über 40 Lesereihen aus dem deutschsprachigen Raum zusammengeschlossen haben, um sich solidarisch (auch gegenüber den Institutionen) zu zeigen und zum Beispiel nach kontinuierlicher, nachhaltiger Förderung, von der Stadt, dem Land etc. zu verlangen, auch um alle an einer Lesereihe Beteiligten „ordentlich“ bezahlen zu können. „Denn das wollen und machen wir“, sagt Bardutzki. Es sei nicht richtig, Lesereihen der freien Szenen als ein gegenüber den institutionalisierten Einrichtungen „nice to have“ einzustufen und „etwas, wo man dann, ist das Geld knapp, schnell mal kürzen kann“. „Wir sorgen für eine Struktur, die für die Autor*innen total wichtig ist, die Begegnungen zwischen Autor*innen, die bei uns ja auch im Publikum sitzen, ermöglicht und die schließlich die Literaturlandschaft einer Stadt ausmachen“, ergänzt sie. Und auch das ist etwas, was spürbar ist, besucht man einen LIX-Abend: Vorbei ist nicht vorbei. Man bleibt noch beieinander, redet, holt sich was zu trinken, redet weiter. LIX schafft einen gesellschaftlich relevanter Raum für Künstler*innen, Autor*innen, für die es essenziell sein kann, im Austausch zu stehen, München als einen guten Ort für Literaturschaffende zu empfinden. „Und das ist mindestens so wichtig, wie das, was gelesen wird“, sagt Raphaela Bardutzki.
LIX, 7. November 2024, 20 Uhr im HochX, Entenbachstraße 37,
u. a. mit den Gästen Thomas Lang und Fabienne Imlinger,
Ticket 6 bis 30 Euro; Infos unter theater-hochx.de/lix/