Schön, dass Sie da sind. Bitte beachten Sie …“ Die neue Begrüßungskultur der Deutschen Bahn auf vielen Plakaten – vorbildlich! Das macht natürlich Schule. Schön, dass Sie das lesen, verehrte Leser, wundervoll! Bitte halten Sie während der Lektüre Abstand zu Ihrem Nachbarn und/oder Mund und Nase bedeckt und niesen Sie nur in den Ellenbogen! Verlieren Sie nicht die Selbstkontrolle, selbst wenn der Inhalt Sie nerven sollte, fahren Sie nicht aus der Haut, vor allem, wenn sie noch vom Urlaub an den bayerischen Seen gebräunt ist!

Werbeslogans können Gesellschaft spiegeln, greifen Trends auf. Etwa der Spruch „Sei frei, verrückt und glücklich!“ auf einer beliebten Tube mit Aroma-Dusch-Lotion – verrät er dem geschulten Privat-Soziologen nicht sofort die Regression des Anspruchs auf Glück, des ur-amerikanischen „Persuit of Happiness“ ins Allerprivateste, die Duschkabine? Und was verrät der Baumarkt-Spruch „Hier werden Sie geholfen“? Ist das Ausländer-Verhöhnung oder spielt das auf die bemerkenswerte Sprachgewalt der Baumarkt-Bastelkunden an, die bekanntlich ihren Jahresurlaub dortselbst verbracht haben?

Mann, was waren das noch Zeiten, als die (Bundes-)Bahn verkünden konnte „Alle reden vom Wetter. Wir nicht!“ Und eine dynamische Lok mit Fahrt in die Zu(g)kunft auf dem knalligen Plakat. Angesichts vereister Weichen, brechender Oberleitungen und defekter Klimaanlagen wurde diese Kampagne längst und ängstlich ad acta gelegt. Ad acta auch der gesamte SDS, der den Slogan in den späten 60ern postwendend kopierte und Marx, Engels und Lenin (wahlweise Mao) auf knallrotem Hintergrund präsentierte. Alles längst auf der „Müllhalde der Geschichte“, wie Lew Dawidowitsch Bronstein alias Trotzki schon 1917 seinen Gegnern entgegenschmetterte, wohl nicht ahnend, dass er selbst niemals für ein Poster, aber immerhin für einen Buchtitel von Jurek Becker („Bronsteins Kinder“) in Frage kommen würde, aber das wäre eine andere Story.

Die Bahn, pingelig, wenn auch vergeblich aufs Wetter achtend, rollt heute durch ein freies, vor allem von Mücken befreites oberbayerisches Urlaubsland. Tonnen von BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) wurden von einigen eifrigen Chiemsee-Gemeinden aus Helikoptern versprüht, um der Mückenplage Herr zu werden. Ein ganz harmloses Mittelchen, sagen die Bürgermeister, kein Vergleich mit der Entlaubung Südvietnams, an die böse Hirne sofort denken könnten, immer diese Miesmacher! Nein: Das Sprühbakterium löst ganz einfach das Eiweiß der Mückenlarven auf, durchlöchert ein bisserl ihre Darmwand, so dass sie verhungern. Alles völlig natürlich, und ohne Alternative, vor allem, wenn hoher Besuch erwartet wird auf Herrenchiemsee, aus Berlin zum Beispiel. Tja, „Wost hischaugst Hoamat“ sagt die Oberbayern-Werbung seit vielen Jahren, und ja, „da weiß man, was man hat“ (Persil).  W.H.