Von Sevda Cakir

Mit der Ausstellung „Samselsurium“ in Bernried am Starnberger See ist etwas Einmaliges möglich gemacht worden: eine Begegnung mit dem Autor und Künstler Paul Maar, dessen Originalleihgaben noch bis zum 15. September im „Schiff“– wie das Gebäude des Buchheim Museums gerne genannt wird – zu Gast sind. Viele dieser Exponate werden dann in das Paul-Maar-Museum nach Hallstadt umziehen, dessen Eröffnung für 2027 geplant ist – zum 90. Geburtstag des Sams-Erfinders.

Seinem bekanntesten Fabelwesen, dem Sams, wird in Bernried zwar viel Raum gegeben, aber auch andere Charaktere, Mitmenschen und Gedanken aus Maars Feder sind dort anzutreffen. Die Illustrationen in Kleinformat stammen größtenteils aus Paul Maars Privatbesitz und Schublade (wo viele seiner Ideen lange liegen, bevor sie zum Leben erweckt werden). Oder sie sind Leihgaben des Historischen Museums Pfalz/Speyer, der Sammlung der Stadt Hallstadt und der Paul Maar/Galerie Gabriele Müller in Würzburg.

Viele verborgene Seiten eines langen Autorenlebens treten
in der Ausstellung an die Öffentlichkeit, wie zum Beispiel „Ein Hund mit Flügeln. Erfundenes und Erlebtes“ (2022). Dieser Text und weitere sind im Obergeschoss der Ausstellung unter „realistische Texte“ zu finden. Zusammen mit all seinen bisher veröffentlichten Büchern zeigen sie eine gute Übersicht über das Schaffen des Schriftstellers. Weitere Texte sowie Illustrationen sind angesprochen und werden mit Lese- und Sehproben angerissen.

Paul Maar hat große und kleine Fans. Immer noch schreiben sie ihm. Er hat die Briefe aufgehoben und einige nach Bernried gebracht. Die Briefe der kleinen Lesenden hat Maar regelmäßig, sogar mit Zeichnungen und Bilderrätseln – teilweise auf den Umschlägen –, beantwortet. Die Einträge der eher „Großen“ sind im Gästebuch nachzulesen und nachzuempfinden. Alle zeigen unterschiedliche Perspektiven ihrer besonderen Beziehung zu Paul Maar. Ein Kind erklärt darin gerührt: „Weil du ein großer Teil meiner Kindheit warst, und natürlich auch wegen deinen Büchern, wollte ich dir Danke für schöne Erinnerungen sagen!“. Die deutsche Post bringt im Rahmen der Reihe „Helden der Kindheit“ eine Sams-Briefmarke heraus und würdigt damit die Verbundenheit zwischen dem Helden Sams und den kindlichen sowie erwachsenen Anhänger*innen.

Zusätzlich zu den Büchern und Zeichnungen, sind hier auch Werke von Künstler*innen zu sehen, die Paul Maar inspiriert hat: wie beispielsweise Film- und Theaterplakate zu Stücken, die aus Büchern zu neuen Medien weiterentwickelt wurden. Oder die Flugdrachen von Peter Hespeler, die aus Bildmotiven von Paul Maar entstanden sind (mehr zu sehen gibt es auf der Website des Designers www.hespeler-kites.de).
Vertreten ist auch die kleine Bühne der Augsburger Puppenkiste, die als Figurentheater Darbietungen aus Paul Maars Vorlagen weltweit zeigte. Christine Urspruch, die Stimme von Sams in Filmen und Hörspielen, kann auf Wunsch als Audioguide durch die Ausstellung begleiten. Ihre Worte verraten oft mehr als die installierten Tafeln im Ausstellungsraum.

Es ist immer im Sinne von Paul Maar gewesen, die Menschen zu aktivieren. Das verrät er in „Wie alles kam. Roman meiner Kindheit“: „… als erwachsener Autor konnte ich mir (einem schüchternen und abhängigen Menschen) eine Figur zur Seite stellen, die all das verkörpert und in Übermaß besitzt, was ihm abgeht: Lebensfreude, Witz, Mut, Selbstsicherheit und eine große Portion Frechheit“. Deswegen werden in der Ausstellung viele interaktive Mitmachstationen angeboten, die zusätzlich einen Riesenspaß machen. Besonders beliebt ist die Wunschmaschine. Hier geben auch Erwachsene ihre geheimen Wünsche ein. Damit sie in Erfüllung gehen, behalten sie diese für sich, wie es ein Eintrag im Gästebuch verrät: „Meinster, bin gespannt auf deine Wünsche. Deinste“.

Was die Begegnung mit Paul Maar außerdem besonders macht, ist sein Einfluss, der über die Ausstellung hinausgeht: Seine Bücher haben Eingang in den Deutschunterricht gefunden – mit didaktischem Begleitmaterial. Trotzdem ist es wunderbar zu beobachten, dass Paul Maar nicht stehen bleibt, sich auf neue Ideen und auf den Zeitgeist einlässt. In seinem Märchenbuch „Die Tochter der Zauberin“ arbeitet der Autor mit seinem Enkel Hannes Maar als Illustrator zusammen. Der Protagonist seiner Kurzgeschichte „Robinson“ hinterfragt die Lieblingsbücher aus seiner eigenen Kindheit und arbeitet gedanklich an einer neuen Version des Romans „Robinson Crusoe“. Er soll aus der Sicht Freitags geschrieben sein, der dann auch anders heißen wird.

„Samselsurium – Die Welt von Paul Maar“
Buchheim Museum
Am Hirschgarten 1, 82347 Bernried
Geöffnet: Dienstag – Sonntag sowie Feiertage: 10 bis 18 Uhr
Noch bis 15. September 2024
Mehr Infos: www.buchheimmuseum.de