„Diese Tage nemlich ziehe ich in diese neue Wohnung“
H. H. auf Durchreise

Von Katrin Diehl

Das Münchner Klima „tödte“ ihn, ließ der Dichter Heinrich Heine die in Hamburg oder Stuttgart zurückgelassenen Freunde und Bekannten immer mal wieder wissen. Aber zum Glück sei das sonnige Italien ja nicht weit und er schneller weg, als man gucken könne. Wenn da nicht der König wäre. Denn der sei ein „netter Mensch“ und lese mit „Theilnahme die politischen Annalen“. Und also blieb Heine wenigstens ein Dreivierteljahr in dieser eigenartigen Residenzstadt, von Ende 1827 bis in den Sommer des nächsten Jahres hinein. Heine, 1806 in Düsseldorf in eine jüdische Familie hineingeboren, gestorben 1856 im Pariser Matratzengruft-Exil, war mit seinen „Reisebildern“, Band 1 und 2, wie dem „Buch der Lieder“ bereits ein gemachter, anerkannter Gelehrtenkopf und auch für seine Zeit in der bayerischen Hauptstadt hatte er sich fest vorgenommen, dichterisch recht fleißig zu bleiben (der dritte Band der „Reisebilder“ wollte ja geschrieben sein).

Nach München angereist war der „Doktor der Rechte“, um die neue liberale Zeitschrift „Neue Allgemeine Politsche Annalen“ aus dem Hause Cotta herauszugeben. Zudem hatte Ludwig I. Heine die Entscheidung, nach Bayern umzuziehen, ein bissl versüßt mit seinem Ruf, ein rechter und sogar dichtender „Künstlerkönig“ zu sein. Und da war auch noch dieses himmlische Gehalt, das ihm versprochen worden war (bin „eine von Cottas theuersten Puppen“), und schließlich unglaublich war da noch die berühmte, viel zitierte Liberalitas Bavariae: keine Zensur weit und breit, keine Knebelung der Zeitungen. Heine pfiff durch die Zähne und gab München, dem er kurzerhand die spöttelnde Bezeichnung „Bier-Athen“ verpasst hatte, eine Chance.

Nach einem ersten Umzug in der Stadt (von wo, ist nicht ganz klar) wohnte Heinrich Heine seit Anfang des Jahres 1828 im Hackenviertel. Und zwar in der heutigen Hackenstraße 7, im „Rechbergischen Palais auf der Hundskugel“, in einem wunderschönen, heute warm gelb strahlenden Gebäude. Zwanzig Jahre später wird es in den Besitz des Vergolders Josef Radspieler übergehen, wird zum „Radspielerhaus“ werden. Wer seinen Kopf in den Nacken legt, findet in der Höhe des ersten Stockwerks eine Marmortafel, die da seit 1956 hängt (angefertigt von Josef Erber und Fritz Ehmcke) und die mit den schlichten Angaben „Hier wohnte / Heinrich Heine / 1827–1828“ gut Auskunft gibt und an den Dichter erinnert. Hinter diesen Mauern fand u. a. auch das Treffen zwischen Heinrich Heine und dem gerade einmal 17-jährigen Komponisten Robert Schumann, der den Dichter sehr verehrte, statt, und wahrscheinlich hat man bei Zigarre, Brezn und Bier über die Vertonung von des Herrn Dichters Lyrik laut nachgedacht und ein bisschen herumprobiert.

In München erhoffte sich Heinrich Heine auch eine Literatur-Professur an der gerade von Landshut nach München umgezogenen Universität. Daraus wurde nichts. Stattdessen schlug ihm, der 1825 zum Protestantismus konvertiert war und trotz dieses „Entréebilletts“, Antisemitismus entgegen. Heine drehte München früher als geplant den Rücken zu, machte sich auf nach Italien, wo ein wärmeres Lüftchen wehte. 1830 spottete er aus der Ferne über Ludwig I.: „Das ist Herr Ludwig von Bayerland. / Desgleichen gibt es wenig; / Das Volk der Bavaren verehrt in ihm / Den angestammelten König.“

Heute befinden sich in München, wie in fast jeder Stadt, eine Heinrich-Heine-Straße (in Laim) sowie ein Heinrich-Heine-Gymnasium (in Neuperlach).

Bisher in der Reihe erschienen: Gedenktafel für Franziska zu Reventlow an der Leopoldstraße 41, für B. Traven an der Clemensstraße 84, für Gottfried Keller an der Neuhauser Straße 35, für Annette Kolb in der Händelstraße 1, für Schalom Ben-Chorin an der Zweibrückenstraße 8 und Carla-maria Heim am Johannisplatz 10

  • Mehr über Gedenktafeln finden Sie hier:
    Andrea Kästle: München leuchtete nicht für jeden – Was Gedenktafeln der Stadt verschweigen
    Paperback, 232 Seiten, Allitera Verlag, München 2024 , 19,90 Euro