An Journalistenschulen hört man, dass es wichtig sei, schön zu schreiben, noch wichtiger aber sei es, wahr zu schreiben. „Sei“, „sei“, „zu schreiben“, „zu schreiben“… Kurz aufeinanderfolgende Wortwiederholungen. Nicht sehr schön, aber der Satz ist wahr und darauf kommt es an. Zumal Zeitungsmenschen oft unter Zeitdruck stehen und nicht jedes Wort fünfmal umdrehen oder sich auf die krampfhafte Suche nach Synonymen, die am Ende doch nicht ganz so synonym sind, machen können und wollen. Dass es oft genug möglich ist, schön und wahr zu schreiben, zeigen Aussprüche, die man sich am liebsten übers Bett hängen würde. Wie zum Beispiel: „Sagen, was ist.“ Ist vom großen Magazinmacher Augstein (und jawoll: ein Hoch auf 75 SPIEGEL-Jahre!) und gerade in seiner Knappheit wirklich wunderbar. Und wahr ist er auch noch. Fast zu schön, um wahr zu sein, könnte man ein bisschen böse witzeln. Na, ja.
Bei Literaten und Literatinnen sieht das alles natürlich etwas anders aus. Die sollen vor allem schön schreiben, und die Wahrheit kann dann irgendwo zwischen, über oder unter den Zeilen schweben. Was da allerdings als schön gilt …, nun, das ist ein weites Feld, und natürlich gibt es da keinen Kodex. Man muss sich da auch gar nicht einig sein. Ist oft eine Geschmacksfrage und ändert sich ja auch.
Das Verhältnis zur oft als unfein gescholtenen Wortwiederholung wandelte sich zum Beispiel unter der akkuraten Schreibfeder des großen Dichters Eugen Gomringer. Und zwar geradezu revolutionär. Wurde Mittel zum Zweck. „schweigen, schweigen, schweigen, …“, hieß es da einmal fast ununterbrochen. Konkrete Poesie vom Feinsten. Die Lyrik als Vorreiter. Als Befreier. Als Befreier auch vom Vorurteil, dass, je kürzer der Abstand zwischen den sich wiederholenden Worte, umso größer der inhaltliche Stumpfsinn. Falsch, falsch, falsch. Bauhaus-mäßige Serienwortproduktionen entblößten Tautologien ihrer geschraubten Verkünsteleien, ließen sie zu bloßen, wenn auch ganz netten Redensarten verkommen. Ja, ab und zu ist mir „angst und bange“, und wer will schon „immer und ewig“ leben? Ich jedenfalls „nie und nimmer“.
Pleonasmen sind ohnehin so überflüssig wie ein Kropf. Über einen „weißen Schimmel“ kann man einmal lachen und dann nie, nie wieder. Und wie wunderbar ist es, sich gemeinsam auf Doppel- und Dreifach-Wortsinn-Suche zu machen, feinfühlig zu erleben, wie sehr sich die gleichen (oder sind es am Ende dieselben?) Worte, dicht auf dicht, unterscheiden können. Jemand – vielleicht ein Simulant? – ist also dieses Mal „krank, krank“, ein anderer reich, reich, und also nicht „neureich“, sondern jenseits von gut und böse, die Lehrerin übrigens alt, alt, also mindestens 40 plus. Und wenn das Gemüse frisch, frisch ist, müssen mindestens noch ein paar Erdklumpen an seinen Wurzeln hängen. Und viel zu selten hat man Ferien, Ferien, also nicht nur frei, sondern einfach mal überhaupt nichts zu tun.
dika