by LiSe | 4. Mai 2022 | Blog, Kolumne
Zuerst einmal ist da die Neugier. Man will es genau wissen, umstellt das rätselhafte Etwas, damit es ja nicht entwischt, nähert sich ihm langsam, schnappt zu … und die Erkundung kann beginnen. Es ist ein stufenweiser Prozess, der sich hinter dem schlichten, althochdeutschen Wort „firstan“ verbirgt, ihn zu fassen sucht. Über die mittelhochdeutsche Zwischenstation des „verstan“ hat es sich zu unserem heutigen „verstehen“ entwickelt, ein Verb, das nach all den Jahren zur Verfaserung neigt. „Ich verstehe“ kann heißen, dass ich etwas deutlich gehört habe, dass meine Ohren also in Ordnung sind. Es kann zweitens ausdrücken, dass ich etwas kapiert habe. Drittens lässt sich mit „verstehen“ sagen, dass ich mit jemandem mitfühlen, mich in ihn hineindenken kann. „Ja. Versteh dich echt voll.“ (mehr …)
by LiSe | 29. März 2022 | Blog, Kolumne
Das Schöne an Ana Ivanovic ist ihr offenes Lächeln, etwas übermütig und ganz ohne Kunsthonig. Sie steht auf den Fotos der Champagner-Buch-Präsentation in einem Berliner Nobelhotel von „Einer von Euch“ neben dem Olivenbauern Martin Suter, der neben dem Bauernbuam von der Oberaudorfer Schweinsteige in die Kamera grinst. Der Kriminalschriftsteller und frühere Werbetexter aus der Schweiz hat den ehemaligen Fußballer Sebastian Schweinsteiger befallen, ausgefragt und ausgesaugt und ein ziemlich mittelmäßiges Buch, einen „Biographischen Roman“ verfasst, der nahezu einhellig verrissen wurde, schade um Ana. (mehr …)
by LiSe | 27. Feb. 2022 | Blog, Kolumne
Lesung eines zeitungs-bekannten Kolumnisten: Es wird heiter werden, es darf gelacht werden. Ein Lacher disqualifiziert an einem solchen Abend nicht. Die Atmosphäre ist gelöst, der Autor gibt sich leutselig. Auf den meisten Gesichtern das entspannte Lächeln des gediegenen Lesungs-Publikums vor unbeschwerter Kost mit Anspruch. Der Autor blättert, er hat noch keinen Satz gelesen, nichts gesagt, da bläst es aus einer der hinteren Reihen. Als wolle jemand einen Mückenschwarm fortblasen. Der Vorleser blickt nicht auf, lässt nicht erkennen, ob er den Bläser bemerkt hat. Auch die Zuhörer reagieren nicht. Dann die ersten Sätze der ersten Geschichte. Es gibt definitiv nichts zu lachen. Noch nicht. (mehr …)
by LiSe | 30. Jan. 2022 | Blog, Kolumne
An Journalistenschulen hört man, dass es wichtig sei, schön zu schreiben, noch wichtiger aber sei es, wahr zu schreiben. „Sei“, „sei“, „zu schreiben“, „zu schreiben“… Kurz aufeinanderfolgende Wortwiederholungen. Nicht sehr schön, aber der Satz ist wahr und darauf kommt es an. Zumal Zeitungsmenschen oft unter Zeitdruck stehen und nicht jedes Wort fünfmal umdrehen oder sich auf die krampfhafte Suche nach Synonymen, die am Ende doch nicht ganz so synonym sind, machen können und wollen. Dass es oft genug möglich ist, schön und wahr zu schreiben, zeigen Aussprüche, die man sich am liebsten übers Bett hängen würde. Wie zum Beispiel: „Sagen, was ist.“ Ist vom großen Magazinmacher Augstein (und jawoll: ein Hoch auf 75 SPIEGEL-Jahre!) und gerade in seiner Knappheit wirklich wunderbar. Und wahr ist er auch noch. Fast zu schön, um wahr zu sein, könnte man ein bisschen böse witzeln. Na, ja. (mehr …)
by LiSe | 30. Nov. 2021 | Blog, Kolumne
Ey Alter, guck mal hier“ – wenn Du, geneigter Leser, etwa in der U-Bahn, erstaunt wahrnimmst, dass sich zwei Teenager mit diesen Worten angeregt über ihre Telefone beugen, vergiss es sofort! Komm bloß nicht auf die Idee, als Ü20er den mega-krass-Wortschatz nachzuahmen oder mit zerrissenen Jeans aufzukreuzen, das wäre echt cringe, also oberpeinlich. Womit wir beim „Jugendwort 2021“ wären, durch Umfragen unter Hundertausenden von Jugendlichen gesichert (der Baum des Jahres übrigens ist die Rotbuche , aber das führte jetzt auf einen anderen Zweig). (mehr …)
by LiSe | 27. Okt. 2021 | Blog, Kolumne
Ein bisschen langsamer machen, das Tempo runterfahren, entschleunigen – kann ja eigentlich nicht schaden, oder? Auch beim Lesen nicht. Oft tut es dem Textverständnis gut, während des Lesens mal kurz innezuhalten. Oder gar kritisch nachzudenken. Das leicht altmodische Verbum „innehalten“ meint mehr als nur „unterbrechen“, weil es zusätzlich ein In-sich-hinein-Lauschen impliziert, was wiederum zum gewöhnlich etwas länger dauernden Nachdenken führen kann. Ungesund ist das bestimmt nicht, vor allem nicht beim Lesen von Zeitschriften und Zeitungen. (mehr …)