[LiSe 01/25] Kolumne: Über den Willen, nicht zu kommunizieren, hinaus

Mit Schweigen anzufangen ist schwer. Zum Beispiel hat dieser Text mit Schweigen angefangen. Bemerkt hat’s keiner. Schweigen kann erst beginnen, wenn Nichtschweigen vorausgegangen ist. Jetzt, unter „zweitens“, könnt’ ich also theoretisch für Sie merklich schweigen. Na ja. Jedenfalls gibt es dennoch Menschen, die felsenfest behaupten, dass am Anfang nicht das „Wort“, sondern das Schweigen stand. Behaupten kann man das ja mal. Beweisen lässt sich das nicht. Schweigen trägt viel Geheimnis in sich, fasziniert, schillert. Die Literatur, die sich durch Worte, viele, viele Worte auszeichnet, ist voll davon. Väter schweigen oft. Großväter noch mehr (was womöglich mit dem sehr deutschen „kommunikativen Beschweigen“, wie das der Philosoph Hermann Lübbe nannte, zu tun haben könnte). Mörder sowieso. Schweigen drückt. (mehr …)

[LiSe 01/25] Lyrische Kostprobe: Dem Gefühl eigene Namen geben

Birgit Merk, geboren in Augsburg und mittlerweile in München lebend, schreibt Lyrik über Menschen und Phänomene, die ihr im Leben begegnen und etwas in ihr bewegen. Sie betrachtet ganz aus der Nähe und aus ihrer eigenen Perspektive. Der Blick der Autorin bleibt dabei präzise und unaufgeregt, ihre Texte sind klar strukturiert und vielschichtig. Assoziativ verweben sie Erinnerungen mit Hoffnungen und Wünschen. Eine zentrale Rolle spielt der Moment, in dem Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen. (mehr …)

[LiSe 01/25] Gedenktafeln der Literaten – Teil V: Pazifistin in kriegerischen Zeiten

Eine Gedenktafel in der Händelstraße in Bogenhausen erinnert an Annette Kolb

Von Marie Türcke

Als wir in den LiteraturSeiten München im Sommer beschlossen, eine neue Reihe zu Ehrentafeln von Münchner Autor*innen zu machen, hatte ich angefangen zu recherchieren. Es gibt natürlich viele Literat*innen, und man will ja am liebsten über solche schreiben, die einen persönlich anregen – wo man vielleicht selbst etwas Neues entdeckt, oder die irgendwie in die Münchner Geschichte verstrickt sind. (mehr …)

[LiSe 01/25] Empfehlungen: Buchtipps aus erster Hand

Die Mitarbeiter*innen der Münchner Stadtbibliotheken empfehlen für den Monat Januar diese Neuerscheinungen:

Horst Evers: Zu faul zum Nichtstun
Rowohlt

Wie kann es sein, dass wir in jeder kurzen Pause, die uns der Tag bietet, sofort auf unser Handy schauen und uns ablenken? Sind wir vielleicht einfach zu faul zum Nichtstun geworden? Horst Evers geht dieser Frage nach – in kurzen, sehr lustigen Geschichten aus dem Hier und Jetzt. Dort begegnet er Katzen, die seine Pakete entgegennehmen, und Toastern, die unsere Zukunft planen, sowie Nonnen, die ihm die Künstliche Intelligenz erklären. Mit viel Witz, überraschenden Wendungen, Wärme und tatsächlich begründeter Zuversicht nimmt Horst Evers uns mit auf eine Reise durch unsere seltsame Gegenwart. (mehr …)

[LiSe 01/25] Kurzgeschichte: Die Witwe Erna Masuch

Von Ulrich Braun

Lötzen, 10. November 1938 – Dem Menschenauflauf am Markt würde Günter ausweichen. Sein Schulweg sollte deshalb durch die Boyenstraße führen, wo sich kalter Rauch aus den Grundmauern der Synagoge kräuselte. Ein Schutzmann hielt Brandwache und ein Fahrrad lehnte am schmiedeeisernen Zaun. Zwei Frauen steckten die Köpfe zusammen. In dieser Minute suchte der Fotograf der Lötzener Zeitung die richtige Position für seine Kamera. (mehr …)