Wie journalistisch über ein Buch reden/schreiben, das man nicht gelesen hat? Tschuldigung …, war halt grad viel los. Oder: Tschuldigung, die Brille war weg. Genau, die Brille war weg. Noch doofer: Die Brille war da, aber das Buch war weg. Noch, noch doofer: Das Buch war da, aber seine Seiten waren verklebt, weil in der Tasche, in der das Buch steckte, steckte auch eine Cola, allerdings eine mit losem Deckel. Flasche leer, Buch versaut.
Vielleicht ahnte man auch schnell (sozusagen vorzeitig) …, gähn, gähn, dieses Buch …, dieses Buch …, laaangweilig, laaaaangweilig …,! Oder man gab (vorsichtshalber und bevor es zu spät war) auf. Verstand nichts und war schwer mit der Frage beschäftigt, wie es sein konnte, dass alle anderen Kolleg*innen offensichtlich verstanden. Hochstapler*innen! Allesamt Hochstapler*innen! Ach, die Gründe, warum ein Mensch, zu dessen Beruf es gehört, Bücher zu lesen (bevor er/sie sich dazu äußert), genau dies nicht tut, sie nehmen kein Ende.
Könnt ja zum Beispiel auch sein, dieser Mensch fühlt sich geradezu schlapp, um Stellung zu beziehen, um aus der Reihe zu tanzen mit seiner Meinung, um Beweise zu liefern für das, was er/sie behauptet. Könnte sein diesem Menschen fehlt es gerade an Energie, um zu recherchieren, um sich eventuell sogar den Text im englischen, französischen, türkischen … Original anzusehen, damit er/sie ein Gespür dafür bekommt, wie er da so klingt, oder um die Übersetzung beurteilen zu können. Könnte sein, diesem Menschen fehlt es gerade an Kraft, lustvoll in die Tasten zu hauen, um am Ende doch nur kürzen zu müssen, kürzen zu müssen, kürzen zu müssen.
Zumal es da ja eine echte Alternative gibt (neben der, das mit der Buchbesprechung für dieses Mal einfach zu lassen). Also: Wie rezensiert man ein Buch, das man nicht gelesen hat? Man nehme…, einen großen Topf. Fülle ihn mit bereits erschienen Rezensionen (falls vorhanden), seinem Klappentext, bis zu zwölf (je nach Dicke des Buchs) Textpassagen, random herausgefischt, würze mit ein paar nichtssagenden Redensarten wie: „Da hat es ein paar Längen“, „spannend bis zum Schluss“, „so wurde noch nie über Sex geschrieben“ (Vorsicht! Vorher sichergehen, ob es im Buch überhaupt zum Sex kommt) etc. Dann rühre man um und bringe auf Zeile. Fertig.
Auf die seltsame Bemerkung des Autors (wie Kulturjournalisten) Willi Winkler – „Ich danke für die Fragen. Sie haben das Buch wirklich gelesen.“ – am Ende eines Gesprächs über dessen letztes Buch „Kissinger & Unseld“, hielt Knut Cordsen, Kulturjournalist des BR, die so kurze wie famose Parade bereit: „Ist so meine Angewohnheit“. Ja. Ist so unsere Angewohnheit.
Dika