Die Advents- und Weihnachtszeit ist eine rege Zeit für den Buchhandel. Neuerscheinungen, Neuauflagen, Buchempfehlungen, Schaufensterdekoration, Geschenkpapier. Alles, damit bei den glücklich Beschenkten die kleinen, schon von Weitem als Buch zu identifizierenden Pakete unterm Baum liegen.

Daran ist auch nichts falsch, im Gegenteil, ein Buch zu schenken hat etwas wunderbar Privates: Eine Geschichte zu verschenken ist immer auch Interesse an dem Beschenkten, ein Buch ist nie ein Abfertigungsgeschenk, immer ein „ich habe das für Dich gewählt“-Geschenk.

Und dennoch: Statt dem weihnachtlichen Kaufwahn zu verfallen – und sind wir mal ehrlich, der startet schon lange vor dem Weihnachtsgeschenkekauf – könnten wir dieses Jahr mal etwas anders machen. Gehen Sie zu Ihrem Bücherregal, oder öffnen Sie ihr Kindl und überlegen Sie: Vermissen Sie womöglich einen alten Freund, einen anderen Ort, eine vergangene Zeit? Ruft vielleicht Mittelerde? Oder Dickinsons viktorianisches England? Oder Hogwarts?

„Alle Jahre wieder“ kommt Weihnachten und diese Zeit schätzen wir mitunter so sehr, weil sie altvertraut ist, voller wiederkehrender Freuden, bekannter Abläufe und vertrauter Traditionen.

Und was passt dazu besser, als sich auf die Couch zu verkriechen, eine Decke und einen Tee zur Hand, und mit einem innig geliebten Buch auf ein vielleicht nicht ganz neues, aber dafür wunderbar nahes Abenteuer zu gehen.

Ein Buch wieder lesen kann sein wie Heimkommen im literarischen Wohnzimmer der eigenen Büchervergangenheit. Es bringt nicht nur die Freude an der Geschichte zurück, sondern auch Erinnerungen aus der Zeit des ersten Lesens. Ein Fleck der Lieblings-Tomatensoße, die Erinnerung an den Sommer mit den Eltern, als dieses Buch die Sommerlektüre war, an verregnete Wochenenden oder nächtliche Leseaktionen mit der Taschenlampe. An die erste eigene Wohnung, einen Menschen aus der Vergangenheit, weinvertäumte Abende auf dem Balkon. Beim Lesen sind wir selbstvergessen und haben dafür manchmal umso deutlicher Erinnerungen an die Lebenssituationen um das Buch.

Wenn also alle im Einkaufswahn sind dieses Jahr, nehmen Sie sich doch ganz bewusst Zeit für alte Bekannte, suchen Sie die älteren Regalbretter oder vielleicht die heimliche zweite Reihe hinter der ersten auf und gönnen Sie sich etwas Altvertrautes. Und wenn Sie eine Geschichte verschenken, dann überlegen Sie doch, wem könnte dieses Buch ein neues Heim sein, wohin man immer wieder gerne zurückkehrt.

Marie Türcke